Vilstalsee
Die niederbayerische Vils, ein Fluss des tertiären Hügellandes zwischen Isar und Rott, entspringt etwa 9 km westlich von Taufkirchen im Landkreis Erding und mündet nach ca. 100 km Tallauf bei Vilshofen in die Donau. Ihr oberirdisches Einzugsgebiet hat eine Größe von knapp 1.500 km2. Etwa in der Mitte des Tallaufes liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Marklkofen und des Marktes Reisbach der Vilstalsee, einer von derzeit 23 staatlichen Wasserspeichern in Bayern. Die in den Jahren 1972 bis 1975 errichtete und vom Wasserwirtschaftsamt Landshut betriebene Talsperre dient überwiegend dem Hochwasserschutz. Am Vilstalsee ist es gelungen diese zentrale wasserwirtschaftliche Zielsetzung mit ökologischen Belangen und der Freizeitnutzung sowie der Naherholung in Einklang zu bringen. Die Naherholung am See leidet jedoch leider in den letzten Jahren unter starker Entwicklung von Wasserpflanzen (Makrophyten) und Algen. Wichtig ist deshalb, dass alle Beteiligten (Gemeinden, Landwirtschaft, Gewässeranlieger) sich bemühen, den Eintrag von Nährstoffen in die Gewässer weiter zu verringern.
Hochwasserschutz durch den Vilstalsee
Das Vilstal wurde in früherer Zeit jährlich oft mehrmals überschwemmt. Vom Hochwasser betroffen waren Wohnsiedlungen und landwirtschaftliche Nutzflächen. Streckenweise waren weite Talflächen durch die ausgeuferten Hochwasser und die damit verbundenen hohen Grundwasserstände lang anhaltend vernässt.
Um diese entwicklungshemmende Überschwemmungssituation zu verbessern, wurde in den 60er Jahren eine Gesamtlösung zur wasserwirtschaftlichen Sanierung der unteren Vils, der so genannte "Sonderplan Abfluss Vils", ausgearbeitet.
Aus dem Vergleich von acht Planungsvarianten entschied man sich für folgendes Konzept: Hochwasserrückhaltung an zentraler Stelle des Niederschlagsgebietes (Hochwasserrückhaltebecken bei Marklkofen) sowie eine Schließung der Ausbaulücken im Mittel- und Unterlauf der Vils durch einen bedarfsgerechten Flussausbau (Vils II- und Vils IV-Ausbauabschnitt).
Durch einen ca. 9m hohen Erddamm entstand in den Jahren 1972 bis 1975 mit dem Vilstalsee ein 9,2 Mio. Kubikmeter großer Hochwasserschutzraum. Die Wasseroberfläche bei höchstem Anstau umfasst etwa 350 Hektar. Die Größe des Grundsees beträgt ca. 100 Hektar. Das Rückhaltebecken wirkt wie ein "Puffer". Es hält kurzfristig Hochwasser, das aufgrund außergewöhnlicher Regenfälle und/oder Schneeschmelze entsteht, zurück und mindert die Hochwassergefahr. Somit konnte für die Unterlieger an der mittleren und unteren Vils ein auf ein fünfjährliches Hochwasserereignis ausgelegtes Schutzsystem geschaffen und damit die Überflutungshäufigkeit der Talaue deutlich herabgesetzt werden. Die Steuerung des Hochwasserrückhalteraumes erfolgt zentral von der Schaltwarte im Auslass- und Entlastungsbauwerk.
Anlagenteile
Übersichtslageplan
Das Absperrbauwerk
Das Absperrbauwerk ist als Zonendamm mit senkrechter Innendichtung und einer Untergrundabdichtung mittels Schmalwand ausgeführt. Der Anschluss der Innendichtung an die Untergrundabdichtung erfolgt mittels horizontalem Dichtungsteppich. Das Absperrbauwerk dient dem Aufstau der Vils im Vilstalsee bis hin zum Höchsten Stauziel.
Das Auslass- und Entlastungsbauwerk
Das Auslass- und Entlastungsbauwerk ist ein in das Absperrbauwerk integriertes Betonbauwerk und enthält als Betriebseinrichtungen einen Betriebsauslass, zwei Grundablässe sowie zwei Fischbauchklappen. Durch das Auslass- und Entlastungsbauwerk wird das in den Stausee fließende Wasser der Vils und des Schwimmbaches in das Unterwasser des Vilstalsees abgegeben. Im Normalbetrieb geschieht das über den Betriebsauslass, der im Regelfall die dem Stausee zufließende Wassermenge mittels automatischer Steuerung in das Unterwasser abgibt. Dabei wird der Seepegel konstant auf Dauerstauziel gehalten. Im Hochwasserfall werden zur Bewirtschaftung des Hochwasserrückhalteraumes zusätzlich die weiteren Betriebseinrichtungen (Grundablässe sowie die Fischbauchklappen) gesteuert und so auf den Seepegel Einfluss genommen.
Die Betriebsstelle
An der Betriebsstelle laufen die Daten zum Stausee wie zum Beispiel die Daten der Messeinrichtungen zusammen. Hier ist die Arbeitstelle für das Personal des staatlichen Wasserspeichers. Darüber hinaus werden von der Betriebsstelle die Pumpen der Binnenentwässerung des Polders Marklkofen (Schöpfwerk Marklkofen) gesteuert. Im Hochwasserfall ist die Betriebsstelle rund um die Uhr besetzt.
Der Ortsschutzdeich und Polder Marklkofen
Um zu verhindern, dass bei Höchststau im Rückhaltebecken Teile der Ortschaft Marklkofen überschwemmt werden, mussten diese durch einen Deich geschützt werden. Der durch den Ortsschutzdeich von der Vils abgetrennte Bereich wird Polder genannt. Der innerhalb des Ortsschutzdeiches im Polder noch vorhandene Altvilslauf bildet den Binnenvorfluter für die eingedeichten Gebiete.
Das Schöpfwerk Marklkofen
Das innerhalb des Polders Marklkofen anfallende Wasser (z. B. Niederschlagswasser) kann durch den Ortsschutzdeich nicht mehr ungehindert in die Vils abfließen. Um zu verhindern, dass es dadurch innerhalb des Ortsschutzdeiches zu Überschwemmungen kommt, wurde das Schöpfwerk Marklkofen errichtet. Das Schöpfwerk ist in den Ortsschutzdeich integriert und beinhaltet ein Deichsiel genanntes Schütz sowie drei Vertikalpumpen. Das Wasser des Binnenvorfluters läuft normalerweise durch das Deichsiel im freien Gefälle aus dem "Polder" in die Vils. Bei Aufstau des Rückhaltebeckens wird, um einen Rückstau aus dem Rückhaltebecken in den Polder zu verhindern, das Deichsiel geschlossen und das nun anfallende Binnenwasser wasserstandsgesteuert über die Pumpen des Schöpfwerks aus dem Polder gepumpt.
Vilstalsee in Zahlen
Allgemeine Daten
Zweck | Hochwasserschutz Freizeit und Erholung |
Bauzeit | 1972 - 1975 |
Inbetriebnahme | 1976 |
Baukosten | 36,0 Mio. DM |
Die Hydrologie
Einzugsgebiet |
666 km2 |
Mittlere Jahresabflusssumme |
143 Mio. m3 |
Mittlerer Abfluss MQ |
4,6 m3/s |
Hundertjährliches Hochwasserereignis HQ100 |
320 m3/s |
Tausendjährliches Hochwasserereignis HQ1000 |
417 m3/s |
Das Staubecken
Höchstes Stauziel |
403,20 m ü. NN |
Stauziel |
403,00 m ü. NN |
Absenkziel (Dauerstauziel) |
398,80 m ü. NN |
Tiefstes Absenkziel |
397,80 m ü. NN |
Gesamtstauraum |
10,6 Mio m3 |
Hochwasserrückhalteraum |
9,2 Mio. m3 |
Reserveraum |
0,9 Mio. m3 |
Totraum |
0,5 Mio. m3 |
Stauoberfläche bei Höchstem Stauziel |
3,59 km2 |
Stauoberfläche bei Dauerstauziel |
0,98 km2 |
Uferlänge bei Dauerstauziel |
4,1 km |
Das Absperrbauwerk
AbsperrbauwerkKronenhöhe |
405,00 m ü. NN |
Höhe über Gründungssohle |
15,00 m |
Höhe über Talsohle |
9,00 m |
Kronenlänge |
1.790 m |
Kronenbreite |
11,00 m |
Bauwerksvolumen |
530.000 m3 |
Bauwerksvolumen / Gesamtstauraum |
1:20 |
Das Auslass- und Entlastungsbauwerk
2 Wehrkörper Länge Wehrkörper Höhe Wehrkörper |
12,0 m |
2 aufgesetzte Fischbauchklappen (Hochwasserentlastung) Länge Fischbauchklappe Höhe Fischbauchklappe Maximale Leistungsfähigkeit |
12,0 m |
2 Grundablässe (Hochwasserentlastung) Breite Grundablass Höhe Grundablass Maximale Leistungsfähigkeit Grundablässe |
2,4 m |
1 Betriebsauslass Breite Betriebsauslass Höhe Betriebsauslass |
1,4 m |
Die Betriebstelle
Schaltwarte |
Büro |
Aufenthaltsräume |
Notstromaggregat |
Garagen |
Das Polder Marklkofen
Länge Ortsschutzdeich Marklkofen |
1.814 m |
Größte Höhe Ortsschutzdeich |
4,0 m |
Das Schöpfwerk Marklkofen (Binnenentwässerung Polder Marklkofen)
3 Vertikalpumpen | |
Leistung Vertikalpumpen |
je 1,2 m3 |
Bedeutung des Vilstalsees für Landschaft und Natur
Im Vilstal gibt es noch eine Vielzahl naturnaher Bereiche, die sich in ihrer Gesamtheit zu einem Lebensraumverbund von überregionaler Bedeutung zusammenfügen. Das Naturschutzgebiet "Vilstalsee bei Marklkofen", dass weite Teile des Staubereiches umfasst, ist in seiner Großflächigkeit, Strukturvielfalt und Artenausstattung ein Kernbaustein dieses Verbundes. Insgesamt 41 deutschland- und bayernweit gefährdete Tierarten haben hier ihr Zuhause. Als wichtiger Rastplatz für Zugvögel kommt dem Gebiet sogar europaweite Bedeutung zu. Entsprechend wurde es mittlerweile von der EU als Natura 2000-Gebiet anerkannt. Die vier wichtigsten Lebensraumtypen des Naturschutzgebietes sind:
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Fließgewässer
Die Vils ist die Lebensader der Auenlandschaft. Durch ihre regelmäßigen Überschwemmungen bestimmt sie die standörtlichen Qualitäten für die Lebensgemeinschaften und bietet selbst mit ihren Säumen aus Gehölzen, Hochstauden und Röhrichten vielfältige Lebensräume für Tiere und Pflanzen.
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Stillgewässer
Die kleinen Stillgewässer des Naturschutzgebietes sind meist sehr seicht, erwärmen sich rasch und sind daher für viele Amphibien, Libellen oder Wasserschnecken ein idealer Lebensraum.
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Schilf
An den westlichen Ufern des Grundsees haben sich großflächige Schilfzonen entwickelt. Schilf ist optimal an die Bedingungen der Land-Wasser-Übergangszone angepasst. Die im Schlamm steckenden Teile der Pflanze werden über die mit Luft gefüllten Halme mit Sauerstoff versorgt. Diese Versorgung ist so üppig, dass auch der umliegende Schlamm und die darin lebenden Mikroorganismen von der guten Durchlüftung profitieren. Es kommt zu Abbau- und Reinigungsprozessen die der Wasserqualität von Vils und Stausee zugute kommen. Außerdem bieten die Schilfröhrichte vielen Tieren wie z.B. der Rohrammer ganzjährig Deckung und Nahrung.
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Feuchtwiesen
Die ausgedehnten Wiesenflächen mit ihrer Blütenpracht sind der größte Schatz des Naturschutzgebietes. Je nach Bodenfeuchte und Überschwemmungshäufigkeit lassen sich unterschiedliche Ausprägungen von Wiesen erkennen: artenreiche bunte Frischwiesen, Feucht- und Nasswiesen mit dem auffallenden Schlangenknöterich und der leider nur noch vereinzelt vorkommenden Trollblume oder dauernasse Wiesenbereiche mit vielen seltenen Sauergräsern. Der Erhalt dieser Wiesenlandschaft steht und fällt mit der pflegenden Nutzung durch die örtliche Landwirtschaft.